Die Logik hinter dem Milliardendeal von Bosch: Profiteure des Klimawandels – der Boom bei Klimaanlagen (2024)

Es ist eines der größten Übernahmegeschäfte in diesem Jahr. Der deutsche Technologiekonzern Bosch sicherte sich kürzlich für 8,1 Milliarden Dollar (rund 7,3 Milliarden Euro) das Klimaanlagen- und Heizungsgeschäft von Johnson Controls. Dazu gehört auch das Klimatechnik-Joint-Venture des US-Unternehmens mit der japanischen Hitachi.

Die Schwaben stärken durch den größten Zukauf ihrer Firmengeschichte ihre Sparte „Bosch Home Comfort“, deren Umsatz sich auf rund 9 Milliarden Euro nahezu verdoppeln wird. Bosch erziele damit eine „weltweit führende Marktposition“ in einem zukunftsträchtigen Markt, freut sich Konzernchef Stefan Hartung (58). „Bosch macht damit zum einen in Nordamerika einen Footprint, zum anderen stellt sich das Unternehmen resilienter auf mit einer Zukunftstechnologie, die unabhängig von der Autoindustrie ist“, sagt auch Multiaufsichtsrätin Simone Menne (63) dem manager-magazin. Sie ist als nicht-exekutives Boardmitglied bei Johnson Controls nahe dran am Thema.

Der globale Markt für Klimaanlagen gilt aktuell als lukrativ, die prognostizierten Zuwachsraten sind hoch. Laut Berechnungen von „Statista Market Insights“ sollen in dem Segment in diesem Jahr voraussichtlich mehr als 62 Milliarden Euro umgesetzt werden, bis 2029 soll das Marktvolumen dann auf rund 86 Milliarden Euro steigen – ein Plus von knapp 40 Prozent in fünf Jahren. Auch die Internationale Energieagentur (IEA) geht von solchen Wachstumszahlen aus und sieht das größte Potenzial in Ländern wie Brasilien oder Indien.

Entscheidender Treiber des Geschäfts dürfte laut den Analysten der fortschreitende Klimawandel sein. Dem stimmt auch Managerin Menne zu: „Klar ist: Wir brauchen viel mehr Klimaanlagen, um mit der Erderwärmung klarzukommen. Ganz besonders in Schulen und Altersheimen, also Einrichtungen, in denen der Einsatz solcher Anlagen hierzulande noch nicht üblich ist.“

Aktuell finden sich Klimaanlagen meist lediglich in Fabrikhallen, Büros, Hotels und im gehobenen Wohnbereich. Dabei kann man mit modernen Klimageräten nicht nur kühlen, sondern gegebenenfalls in einem bestimmten Umfang auch heizen. Auch der Einsatz als Luftreiniger und Luftentfeuchter ist bei vielen Anlagen bereits möglich – und zunehmend nachgefragt. Ein hohes Wachstum wird von Analysten daher bei den sogenannten Split-Klimaanlagen erwartet, bei denen es ein Außen- und ein Innengerät gibt. In Deutschland machen sie bei den Raumklimaanlagen bereits mehr als zwei Drittel aus.

Marktführer aus Japan

Insbesondere in den westlichen Märkten gibt es noch Potenzial. Die meisten Klimageräte sind derzeit in Asien und dort speziell in China im Einsatz. Da wundert es nicht, dass zu den Topplayern auf dem Weltmarkt vor allem asiatische Unternehmen gehören. Neben dem südkoreanischen Elektronikanbieter LG sind das bekannte Namen wie Mitsubishi Electric und Toshiba, das bereits vor 25 Jahren mit dem US-Hersteller Carrier Global ein Klimaanlagen-Wärmepumpen-Joint-Venture gründete. An der Spitze der Klimaanlagenhersteller liegen jedoch das chinesische Unternehmen Gree Electric und der japanische Konzern Daikin Industries. Das vor 100 Jahren mit der Herstellung von Kühlerrohren für Flugzeuge gestartete Unternehmen aus Osaka erzielte im Geschäftsjahr 2023 einen Jahresumsatz von rund 28 Milliarden Euro mit Klimatechnik.

Weiteres Wachstum durch Übernahmen halten Experten dagegen für schwierig. 2023 hatte Carrier Global zwar für rund 12 Milliarden Euro auch den Kerngeschäftsbereich „Viessmann Climate Solutions“ des deutschen Familienunternehmens Viessmann gekauft . Fusionen im Segment der Gebäudetechnik dürften jedoch kaum genehmigt werden. Es bleibe nach dem Bosch-Deal „kaum noch Raum für weitere Zusammenschlüsse“, sagt Aufsichtsrätin Menne. Diese hätten wohl nur wenig Chancen auf grünes Licht durch die Kartellbehörden.

Möglich scheint es laut Marktinsidern allerdings, dass andere Technologiekonzerne versuchen werden, noch auf den attraktiven und oft auch staatlich geförderten Markt für Klimageräte aufzuspringen. Ein Kandidat dafür wäre demnach der US-Konzern Amazon, der über das nötige Finanzvolumen verfügt, bereits Zugriff auf viele Daten in den Haushalten hat, als Plattform bei Kunden bekannt ist und darüber hinaus schon fortgeschritten mit künstlicher Intelligenz (KI) arbeitet.

Gerade in der geschickten Nutzung von KI sieht auch Menne einen Schlüsselfaktor für den weiteren Erfolg oder Misserfolg der Unternehmen auf diesem Boom-Markt. „Auch bei Eigenheimen wird es einen Trend zum 'Smart Building' geben“, sagt sie. „Durch den Einsatz künstlicher Intelligenz kann bei der Nutzung von Kühlschrank, Waschmaschine, Heizung oder auch einer Klimaanlage viel Energie eingespart werden. Diese Entwicklung wird eine große Chance für alle sein, die sich mit diesen Technologien beschäftigen und diese auch einbauen können."

Klimaschädliche Klimaanlagen

Hinter den bekannten Akteuren der Branche gibt es aber auch heimliche Profiteure der hohen Nachfrage nach Klimaanlagen. So werden hier Gase als Kältemittel eingesetzt. Doch die bisher im Hintergrund gutverdienenden Hersteller wie Linde, Honeywell oder Arkema stehen ebenfalls unter Druck. Vor allem die synthetischen Gase sind wahre Klimakiller, ihr Treibhausgaspotenzial ist laut Studien um ein Vielfaches größer als das von CO₂.

Für die Branche ist das ein großes Problem: Die Klimaanlagen, die eigentlich vor den Folgen der Erderwärmung schützen sollen, befeuern diese gleichzeitig durch einen hohen Stromverrauch und hohe Emissionen. Vor allem gewerbliche Abnehmer drängen hier auf einen Wandel, schon allein aus Sorge um die Nachhaltigkeitsbilanz. „Es stellt sich daher auch die Frage, inwieweit sich die Klimaanlagen wandeln müssen“, sagt Managerin Menne. „Bislang erzeugen diese viel CO₂ und verschärfen das Problem der Erderwärmung noch." Eine Lösung könnten etwa CO2-Filter sein, die in die Geräte eingesetzt werden; Institution wie das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme oder die Unternehmen Climeworks und Carbon Clean Solutions forschen in diesem Bereich.

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Eine Lösung ist dringend notwendig. Schließlich gibt es Berechnungen von Experten, wonach Klimaanlagen weltweit bis Mitte des Jahrhunderts so viel Strom verbrauchen, dass die Erdtemperatur alleine dadurch um ein weiteres halbes Grad steigen könnte.

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